JAK-Inhibitoren: Wie wahrscheinlich sind schwere kardiovaskuläre Ereignisse?
In den vergangenen Jahren wurden vier JAK-Inhibitoren (unter anderem) zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA) und zunehmend auch für andere Formen von Gelenkrheuma eingeführt. Baricitinib, Tofacitinib, Upadacitinib und Filgotinib kommen mittlerweile bei jedem/jeder zehnten RA-Patienten als Basistherapie zum Einsatz. Ziel der Therapie ist es, die beginnende oder fortschreitende Zerstörung der Gelenke zu verhindern. „Ärztinnen/Ärzte schätzen die Mittel, weil sie den Krankheitsverlauf auch bei schwerem Gelenkrheuma günstig beeinflussen“, erläutert DGRh-Präsident Prof. Dr. med. Christof Specker von den Kliniken Essen-Mitte: „Bei den Patientinnen/Patienten sind JAK-Inhibitoren auch beliebt, weil sie als Tablette eingenommen werden können und keine Injektionen erforderlich sind.“ Die DGRh weist auf die guten Erfahrungen mit diesen Medikamenten hin.
Verunsicherung durch ORAL-Surveillance-Studie
Allerdings gab es durch die Ergebnisse der Studie „ORAL-Surveillance“ [4] Verunsicherungen bei Ärztinnen und Ärzten sowie Betroffenen. „In ,ORAL-Surveillance‘ traten unter der Behandlung mit dem JAK-Inhibitor Tofacitinib etwas häufiger schwere Herz-Kreislauf-Ereignisse und auch Krebserkrankungen auf als unter der Behandlung mit TNF-Inhibitoren, die seit mehr als 20 Jahren als Basistherapie eingesetzt werden“, erläutert Prof. Specker. Die Europäische Arzneimittel-Agentur hat daraufhin eine Sicherheitsprüfung eingeleitet. Seit März dieses Jahres sollen JAK-Inhibitoren deshalb bei Vorliegen bestimmter Risiken nur noch eingesetzt werden, wenn keine geeigneten Behandlungsalternativen zur Verfügung stehen [3]. Dies betrifft Patientinnen und Patienten ab 65 Jahre, mit erhöhtem Krebsrisiko, mit schweren Herz-Kreislauf-Problemen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall in der Vorgeschichte und Raucher/-innen.
Kein signifikanter Unterschied zu TNF-Inhibitoren
Forscherinnen und Forscher vom Deutschen Rheuma-Forschungszentrum Berlin (DRFZ) publizierten jetzt Ergebnisse aus dem RABBIT-Register [1]. Darin melden Rheumatologinnen und Rheumatologen die Behandlungsdaten von Rheumapatientinnen/-patienten aus ganz Deutschland. Diese zeigen, dass Patienten mit JAK-Inhibitoren nicht häufiger schwere Herz-Kreislauf- Ereignisse erleiden als jene, die andere Rheumamedikamente erhalten. Die Analyse umfasst 14.203 Therapieepisoden von 7.988 Patientinnen und Patienten, da diese im Beobachtungszeitraum mehrere Therapien erhalten haben konnten. Insgesamt 3.058 Episoden wurden einem der vier JAK-Inhibitoren zugeordnet. Wie Dr. rer. medic. Yvette Meissner vom DRFZ berichtet, erlitten 34 Patienten, die mit einem JAK-Inhibitor behandelt wurden, einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder ein tödliches Herz-Kreislauf-Ereignis. Meissner ermittelte für diese Gruppe ein Auftreten (Inzidenz) von 0,68 Ereignissen in 100 Personenjahren. Doch auch in den 3.694 Behandlungsepisoden, in denen ein TNF-Inhibitor zum Einsatz kam, wurden 45 solcher Ereignisse registriert. Die entsprechende Inzidenz betrug 0,62 Ereignisse auf 100 Personenjahre und unterschied sich somit nicht signifikant von der Inzidenz bei Patienten, die mit JAK-Inhibitoren behandelt wurden.
Höhere Inzidenzen bei anderen Medikamenten
Gleichermaßen sind in die Auswertung Informationen von 3.150 Therapieepisoden anderer Biologika als TNF-Inhibitoren und von 4.301 Episoden einer Therapie mit konventionellen Basismedikamenten wie Methotrexat eingeflossen. Hier kam es zu 35 beziehungsweise 41 schweren kardiovaskulären Ereignissen. Die Inzidenz lag damit bei 0,76 beziehungsweise 0,95 auf 100 Personenjahre. „Rheuma-Patientinnen/-Patienten haben bereits krankheitsbedingt ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, weil die Entzündungen im Körper die Gefäßverkalkung fördern“, erklärt Prof. Specker. Ein ungesunder Lebensstil mit Rauchen, Überernährung und Bewegungsmangel kann dieses Grundrisiko zusätzlich erhöhen.
Rheumatische Erkrankung sollte gut kontrolliert sein
„Für die aktuell mit JAK-Inhibitoren behandelten Patientinnen/Patienten bedeuten die Daten des RABBIT-Registers, dass ein erhöhtes Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse durch die Rheuma-Medikamente nicht gezeigt werden konnte“, so Specker. „Wichtig ist für die Vermeidung von Begleiterkrankungen, dass die rheumatische Erkrankung mit Hilfe einer wirksamen Therapie gut kontrolliert ist“, betont er.
Quelle: idw/DGRh
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